F wie Fernsehen

von Florian Müller

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F wie Fernsehen

Netflix, Amazon Prime, Apple TV oder Disney+ – die audiovisuelle Vielfalt in unserem Zeitalter ist enorm. Doch wie konnten wir uns vom Samstagabend-Show-Liebhaber zum Bingewatcher entwickeln? Welche Faktoren haben dazu geführt, dass lineares Fernsehen vor allem bei jüngeren Generationen so unbeliebt ist und was muss passieren, dass das “gute alte Fernsehen” nicht stirbt? 

Das und vieles mehr wollen wir heute für euch in unserer neuen, wenig technischen, aber sehr informativen Ausgabe “Filmwissen von A-Z” versuchen einzuordnen. 

Vom “Tatort” über “GZSZ” bis hin zu “Wetten dass?” und der “Ultimativen Chartshow”- jahrzehntelang konnte uns das Fernsehen in seinen Bann ziehen. Egal ob man mit den Großeltern bei Günther Jauch miträtselte, mit den Eltern die neuesten Abenteuer des Affen Charly verfolgte oder doch den aktuellsten Blockbuster in der Free-TV-Premiere mit den Freunden anschaute. Ganze Generationen wurden durch das Programm in der kleinen Flimmerkiste geprägt. Doch seit einigen Jahren ist alles anders. Serien schaut man bei Netflix, Sport bei DAZN, die lustigsten Pannenvideos bei YouTube und sogar die neusten Nachrichten bekommt man schneller online.

Stirbt das Fernsehen, wie wir es kennen? Ein Zwischenfazit

Sind die “neuen Medien” wirklich die Totengräber des linearen Fernsehens?

Dazu sehen wir uns zuerst einmal an, welche Unterschiede es in deren Grundstruktur gibt. Wir unterscheiden an dem Beispiel des öffentlich rechtlichen Senders ZDF und an dem des US-Großkonzerns Netflix, in linearen und nonlinearen Bewegtbildkonsum. Damit bezieht man sich auf die Nutzung des zur Verfügung stehenden Materials für den Zuschauer. Bei der linearen Form, in diesem Fall beim Zweiten Deutschen Fernsehen, werden die Programme gesendet und direkt empfangen. Es wird ein Programmplan verfolgt, der nacheinander abläuft. Bei nonlinearen Modellen, wie dem von Netflix, wird das zu Sehende, also eine Serie oder ein Film für den Zuschauer bereitgestellt und er kann es on demand abspielen, wann immer er möchte. Man lässt den Rezipienten Menge, Titel und Zeit seines Konsums frei wählen. Laut einer Onlinestudie von ARD und ZDF von Oktober 2019 verbringen die Deutschen, bezogen auf die Gesamtbevölkerung, durchschnittlich 87 Minuten am Tag damit, audiovisuelle Inhalte im Internet zu konsumieren. 

Noch sind die öffentlich rechtlichen Anbieter bei den Deutschen vorn in der Nutzung von Bewegtbild, Tendenz fallend.  Doch ist es wirklich nur die ständige Abrufbarkeit von Inhalten, die Internetplattformen so viel attraktiver erscheinen lässt als das lineare Fernsehangebot? Oder ist es vielleicht doch die aufwendige und teils detailverliebte Machart der Netflix- und Amazon-Produktionen? Tatsächlich legen sich die Streaming-Dienste immer mehr ins Zeug, gut und durchdacht produzierten Content anzubieten. Sie investieren Unmengen in neue Formate und Angebote. Anfang des Jahres wurde so unter anderem bekannt, dass Netflix 2020 mehr als 17 Milliarden US-Dollar in die Eigenproduktion stecken wolle. Das ist ein Investitionsanstieg von knapp zwei Milliarden Dollar zum Vorjahr.  Wenn man dann sieht, welche Erfolge die Mutter aller Streamingdienste im letzten Jahrzehnt zu verzeichnen hatte und welche Titel hinter dieser Plattform stehen, dann ist ihre Popularität nicht verwunderlich. 

Breaking Bad, Orange is the new Black, Riverdale, Narcos und sogar deutsche Serien wie Dark brachten das US-amerikanische Unternehmen an die Spitze der Pyramide der Bewegtbildanbieter. Was hat das deutsche öffentlich rechtliche Fernsehen da noch entgegen zu setzen?

Geldlich sind natürlich auch hier keine Probleme zu verzeichnen. Durch die GEZ ist die Finanzierung gesichert.  

Die privaten Sender der deutschen Fernsehlandschaft müssen jedoch mittlerweile die Waage zwischen einem breiten Angebot und der Spezialisierung auf ihre Hauptzielgruppe halten. Auch finanziell müssen sich Sender wie ProSieben, RTL oder SPORT1 überlegen, wie sie die Fernsehwerbung sinnvoll revolutionieren ohne den Zuschauer zum Abschalten zu bewegen. Denn was ist nerviger als eine Werbepause in einem spannenden Film oder dem Staffelfinale der Lieblingsserie? 

Wie das passieren wird ist noch offen. Doch ein Phänomen wir sowohl bei Serien- als auch bei Filmproduktionen vermehrt sehen, ist effektive Produktplatzierung. Diese hat im Fernsehgeschäft eine lange Tradition und könnte mit dem richtigen Einsatz die Werbepausen einkürzen und den Zuschauer unterbewusst oder auch bewusst auf das Produkt aufmerksam machen. Aber kommen wir zum Wichtigsten: was hat das deutsche Fernsehen denn inhaltlich zu bieten? 

Wenn wir das Programm der großen Anstalten anschauen, sehen wir, dass oft noch auf Altbewährtes gesetzt wird. So finden wir hauptsächlich Krimiserien, Seifenopern und Dokusoaps auf der Sendeliste. Der Inhalt scheint auf den ersten Blick nebensächlich. Quantität statt Qualität.  Mit dem Projekt “funk”, das sogenannte

Jugendprogramm der öffentlich rechtlichen Sendeanstalten, wollte man die Zielgruppe der bis 25 Jährigen begeistern. Mit journalistischen Unterhaltungsformaten wurde versucht, das Internet und seine Vorzüge effektiv zu nutzen.  Umgesetzt wurde dies in Form einer App, in der man die gesammelten Inhalte konsumieren konnte und mit verschiedenen YouTube-Kanäle der einzelnen Formate. Durchgesetzt hat sich das Projekt nur mäßig.Dennoch konnte das eine oder andere Format von diesem Versuch profitieren. Ob „Jäger und Sammler“ oder dass „Y-Kollektiv“ – das Potential, das in guten Produktionen unseres Fernsehsystems steckt, ist zu sehen und wird den genannten Kanälen weiterhelfen um bestehen zu können.

Das Problem jedoch steckt tiefer. Die Fernsehmacher begreifen nur mäßig, dass sie nicht mehr richtig verstehen, was der Rezipient verlangt. Zwar versuchen ARD und ZDF mit Mediatheken aufzuwarten, um ihren Content zeitlich unabhängiger zu machen, doch das funktioniert auch nur noch begrenzt. 

Die Aufgaben die der Staat den Einrichtungen gibt ist klar, doch vergessen sie neben ihrem Bildungsauftrag und der Gewährleistung der Meinungsvielfalt meist die “einfache” Unterhaltung, die nur für den Spaß des Rezipienten da ist. 

Oft hört man den Satz “Warum soll ich Beitrag für etwas zahlen müssen, das ich nicht anschaue”, bezogen auf die Rundfunkgebühr. 

Nachvollziehbar, aber nicht zu Ende gedacht. Zwar wird das Problem wirklich zu Teilen von der Sicherheit erzeugt, in der sich die Sendeanstalten rund um ARD und ZDF aufgrund der staatlichen Absicherung wiegen, doch kann es nicht der Hauptgrund sein, warum das Publikum abwandert. 

Es werden kaum Risiken eingegangen und kaum neuen Sachen ausprobiert. Künstlerisch und inhaltlich entwickelt sich nur wenig im deutschen Fernsehen. 

Die Lösung: Zuhören und Verstehen

Gefährliche oder prekäre gesellschaftliche Themen werden journalistisch gewissenhaft verfolgt, jedoch mitnichten künstlerisch aufgearbeitet.  Bei einer aufgeklärten Gesellschaft wie der unseren, müssen ständig neue Maßstäbe und neue Entfaltung geschaffen werden. Doch das passiert oft in den jugendlicher denkenden Produktionsstätten wie Netflix und weniger im linearen Programm.  

Ein Thema wie zum Beispiel Suizid, in Form einer fesselnden und künstlerisch wertvollen Serie wie “13 Reasons Why” oder auf deutsch “Tote Mädchen lügen nicht”, würde in der momentanen Situation in einer öffentlich rechtlichen Filmproduktion nie so produziert.  Dieser fehlende Mut und die oft niedrige Risikobereitschaft, führt zur Abwanderung des Publikums. 

Aber auch auf einer niedrigeren Ebene der Unterhaltung schafft es das deutsche Fernsehen nicht aus seinem eigenen Sumpf herauszukommen.  Die einen ruhen sich auf der vorhandenen Sicherheit aus, die anderen wiederholen vier mal am Tag “The Big Bang Theory”. 

Die einzige Chance ist es also vielleicht, das Publikum von heute  auf mehreren Ebenen zu verstehen. In Sachen Nutzungsverhalten und Kreativität bei der Themenfindung und Erstellung ist noch Luft nach oben. 

Wir hoffen an dieser Stelle, dass Sie auch diesmal das ein oder andere mitnehmen konnten. Wenn Ihnen unser Format gefällt, lassen Sie gerne einen Like da oder teilen Sie uns mit, was wir verbessern können. 

 Bis zum nächsten mal bei “Filmwissen A-Z”. 

Florian Müller

Flo ist Redaktionsleiter und Regisseur bei J&J Media. Neben der Organisation von Produktionen liefert er Stoff für spannende Geschichten in unseren Filmen und führt Regie. Außerdem kümmert er sich im Schnitt darum, dass die gewünschte Story auch transportiert wird.

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